Wie mein Freund mich zu einem besseren Menschen macht.
Wir alle verändern uns und besonders eine neue Partnerschaft lässt einen alte Strukturen überdenken oder fehlerhaftes Verhalten sehen. Seit ich mit meinem Freund zusammen bin, beginne ich, mein Verhalten zu reflektieren. Ich fange an zu sehen, dass mir mein Verhalten zuvor nie wirklich bewusst war und auch, dass Menschen in meinem Umfeld mir nie gesagt haben, wenn ich eventuell falsch reagiert habe. So ist das wohl in unserer heutigen Gesellschaft. Man sagt es lieber anderen, regt sich dort über jemanden auf und erklärt, wie unmöglich das Verhalten dieser Person war aber man sucht leider nicht den Austausch. Es einfach so heraus zu sagen würde so Vieles einfacher machen. Und so entstehen riesige Klüfte zwischen den Menschen, Enttäuschung und Misstrauen.
Ich habe mich zum Beispiel immer sehr schnell über Kleinigkeiten aufgeregt, was aber eine normale Reaktion von mir war auf Dinge, die ich mir eventuell anders gewünscht hatte oder vermeiden wollte. Oft war ich dann zickig bzw. hab einen blöden Spruch gerissen und bin dann weg gegangen.
"Sprich darüber, sie wissen es doch nicht.", sagt mein Freund, wenn ich ihm alles erzähle.
Also habe ich begonnen, auch unangenehme Situationen anzusprechen. Klar, so ganz frei kann ich immer noch nicht auf Personen zugehen und ihnen sagen, was mich stört aber ich habe das Gefühl, dass ich bereits viel freier über Probleme reden kann.
"Bleib ruhig.", sagt mein Freund.
Ja, das ist wohl mein größtes Problem bisher gewesen. Ruhig bleiben. Auch dann, wenn mir etwas gehörig gegen Strich geht. Dinge auszublenden, wenn sie wirklich nicht von Bedeutung sind und vor allem: Immer ruhig bleiben.
Ich merke es in Diskussionen, wenn meine Stimme dann schon etwas zittriger wird, weil ich innerlich wütend werde und wie ich mich richtig zusammen reißen muss, jetzt keinen blöden Spruch zu reißen oder verletzend zu werden. Tief durchatmen, sachlich bleiben. Ich reflektiere mein Verhalten viel mehr im aktuellen Moment, als ich es vorher tat.
"Respektiere jeden.", sagt mein Freund.
Wenn ich mich mal wieder richtig über etwas aufrege, dann spielt er es ständig herunter. Am Anfang hat mich das richtig wütend gemacht, denn immerhin erzähle ICH gerade, was MICH stört. Und wenn dann jemand immer wieder "Ist doch alles gut, lass ihn/sie einfach." sagt, ist das nicht wirklich beruhigend. Aber mittlerweile bin ich auch da gechillter. Wenn ich ihm etwas sage, dann nie in dem Ausmaß wie zuvor. Ich rege mich nicht mehr auf, sondern beschreibe eher, dass es mich traurig macht. Dann hat er ein offenes Ohr und hört mir zu.
Wenn ich traurig bin oder verzweifelt, weil vielleicht gerade nicht alle Personen so an meiner Seite stehen, wie ich das gerade hätte, sagt er: "Gib ihnen Zeit, sie wollen nur das Beste für dich."
Und obwohl ich das tief im Herzen auch weiß, ist es schön, dass er mich da so beruhigt.
"Sei geduldig und das Gute wird kommen.", sagt mein Freund. Und wenn man sich erstmal an diese Einstellung gewöhnt hat, dass nichts muss aber alles wird, dann wird man im Ganzen viel entspannter. Natürlich bin ich immer noch von Zweifeln geplagt, gerade darüber, wie es nach der Uni weiter gehen soll aber "Alles wird so kommen, wie es kommen soll."
Was für mich so Besonders an meinem Freund ist? Ich war schon immer, seit ich denken kann, das Moralapostelchen überhaupt. Wollten die anderen Scheiße bauen, hab ich davon abgeraten. Ob ich feige war? Nein, ich hielt es schlichtweg einfach nur für falsch. Hab meiner Schwester ständig Reden gehalten, versuche immer, das Beste zu tun und viel für Andere zu tun, einfach weil das meine eigene moralische Einstellung ist, dass man das tut, was man kann und dass man immer anderen hilft, die Hilfe brauchen. Ich habe immer anderen diktiert, wieso etwas richtig oder falsch ist, wurde aber oft dafür belächelt.
Und nun zu meinem Freund: Der ist tatsächlich ein noch größeres Moralapostelchen als ich. Sogar manchmal so sehr, dass ich einen Cut machen muss. Er erklärt mir Dinge, die sogar mir zuvor nicht aufgefallen sind wie z.B: Lass dein Kaugummi nirgends liegen, denn Vögel könnten es fressen und ersticken. Und wir so: Kaugummi nicht auf den Boden spucken, denn es ist hässlich und klebt. Oder ganz korrekt nach dem kategorischen Imperativ: Wenn alle Leute ihr Kaugummi auf den Boden spucken würden, könnte da niemand mehr lang gehen. Ist das gut? Nein. Also bezogen auf die "guten" Leute, die es dann wenigstens in einen Busch oder so werfen.
Mein Freund denkt eigentlich nur darüber nach, was gut für andere Menschen und Tiere ist und ich denke, dass ich auch gerade deswegen so verliebt in ihn bin. Weil ich mich selbst in ihm wiederfinden kann. Er schaut mich nicht an und denkt sich: Übertreib mal nicht so. Sondern er sieht in mein Herz und denkt genau so wie ich. Wir haben über fast alles die selben Ansichten und Meinungen. Und das, obwohl wir aus zwei völlig verschiedenen Kulturen kommen.
Und ich merke, dass ich anfange anders zu denken. Über mein Leben, über meine Zukunft. Über das, was mir wirklich wichtig ist und was ich sein will. Was ich weitergeben will, was wirklich zählt im Leben. Ich sehe die Menschen in einem anderen Licht und bekomme unzählige neue Inspirationen für Texte. Ich habe Lust, Menschen zu belehren über die vielen kleinen Dinge, die sie gar nicht mehr sehen. Oft reden die Menschen so unkontrollierten Blödsinn, dass man einfach nur innerlich lachen kann. Wenn mein Freund und ich zusammen leben werden, dann lautet unser Leitspruch:
Tu Gutes, und du wirst Gutes erfahren. Hilf immer anderen, ohne etwas dafür zu wollen. Tu das, was du liebst und tu es aus tiefsten Herzen. Erwarte nichts von Anderen, sondern gebe stets, um Menschen zu kreieren, die genau so handeln.
Jetzt versuchen wir gerade, dass mein Freund mich gegen Ende des Jahres hier besuchen kommen kann. Und wenn wir es wirklich schaffen, das begehrte, selten genehmigte, Visum zu bekommen, dann würde ich mich sehr freuen, dass alle diejenigen von euch ihn kennen lernen, die ihn mit genau dem selben reinen Herzen empfangen, wie er euch empfangen wird. Es ist okay, wenn man Zweifel hat oder skeptisch ist. Aber es ist nicht okay, eine andere Person mit einer unverschämten Intoleranz abzulehnen. Das habe ich leider auch schon erlebt. Aber wie bereits erwähnt, macht es mich nicht mehr wütend, sondern eher traurig und ich hoffe, dass diese Menschen eines Tages ihr Herz für Neues öffnen können.
Ich werde zumindest weiterhin über diese besondere Beziehung erzählen.
Bis zum nächsten Mal,
eure Lolo xxx